Die Zentrumsbiene bienenkorb

 

In den Geschichtsbüchern nennt man die Epoche nach dem ersten Weltkrieg bis 1933 die Weimarer Republik. In diesem Zeitabschnitt bestand erstmals eine parlamentarische Demokratie in Deutschland. Auch die Frauen durften seit 1919 zur Wahl gehen. Die Anfangsjahre waren geprägt von einer Hyperinflation und vielen politischen Wechseln und Umsturzversuchen. In Bayern wurde noch hauptsächlich die Katholische Zentrumspartei gewählt. Obwohl die Bauern noch brav zur Kirche gingen, machten sie später ihr Kreuzl bei der Wahl lieber bei einer neuen Partei, deren Anführer, angeblich ein Österreicher, Arbeit und Wohlstand versprach und das für 1000 Jahre.

 

Das setzte sich auch bei politisch Verantwortlichen in der Kommunalpolitik fort. Wer etwas erreichen wollte, war bei der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei. 1000 Jahre waren schließlich eine vielversprechende Vorlage für sich und alle seine Nachfahren. Nicht alle trauten den Versprechen der Redner, die plötzlich in braunen Uniformen oder Armbinden mit Hakenkreuzen auftraten. Das waren vor allem konservative, vorsichtige Menschen, die sich dem Zentrum zuordnen ließen. Die Zentrumsmitglieder wurden von den NSDAP-Leuten als politische Gegner gesehen, was schließlich auch zur Auflösung der Zentrumspartei im Juli 1933 führte.

 

Soviel zum Historienunterricht. Meine Geschichte aus dem Sommer 1932 ist kurz erzählt. Man versteht sie aber nur, wenn man die Zeit und die Fakten kennt. Wäre sie ein Film, dann würde er weniger als eine Minute dauern und wäre schwarz-weiß.

 

Der Bürgermeister von Hofkirchen war Landwirt und Holzhändler. Bei Amtsgeschäften pflegte er nach der hochdeutschen Schriftsprache zu reden. Er hatte sich darauf spezialisiert Spangen und Latten für Holzzäune herzustellen. Diese wurden im weiten Umland verkauft. Oft wurden die Holzlieferungen mit der Reichsbahn zum Bestimmungsort gebracht. Als Bürgermeister war er politisch Anhänger des 1000-jährigen Reiches.

 

So trug es sich zu, dass er mit einem Pferdefuhrwerk eine Holzladung zum Bahnhof nach Laberweinting brachte. Er und seine Helfer waren gerade dabei, die Latten in den bestellten Güterwaggon zu verladen. Gegenüber dem Bahnhof wohnte ein Bienenzüchter, der Vorstand der Zentrumspartei von Laberweinting war. Argwöhnisch schaute er immer wieder hinüber zum Garten seines politischen Gegners. Plötzlich flog eine Biene auf den Bürgermeister zu. Obwohl er mit fuchtelnden Armen versuchte sie abzuwehren stach sie ihn in den rechten Nasenflügel. Mit schmerzverzerrtem Gesicht zog er den Stachel aus der Nase und wies der Biene mit ausgestrecktem rechten Arm den Weg zurück in ihren Bienenstock. Die Geste unterstrich er lautstark mit den Worten, die überliefert und in den Bachorten zu einem geflügelten Wort wurden: "Mach dasst fort kommst du verflixte Zentrumsbiene. Mach dasst nei kommst in dein schwarzes Loch!"

 

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