Die Kirchenführung
Es dürfte im Jahre 2005 gewesen sein, als zwei Damen vom Kirchenchor Hofkirchen mich besuchten und fragten, ob ich etwas über die Pfarrkirche St. Peter in Hofkirchen wisse. Ein Kirchenchor aus dem Rheinland kommt zu Besuch und sie wollen zusammen die Abendmesse musikalisch gestalten. Dazu wäre es schön, wenn man den Gästen etwas über unser Gotteshaus berichten könnte.
Ich hatte einige Notizen und bot diese an. Sie drucksten noch etwas herum und fragten, ob ich das in Form einer Kirchenführung vortragen könnte. Auch das bejahte ich gerne. Aber es schien immer noch nicht zu genügen. Die Gäste verstehen kein bayrisch und ich müsste den Vortrag auf Hochdeutsch halten. Damit waren die Ansprüche an mich deutlich gestiegen. Seit meiner Schulzeit hatte ich kaum mehr als drei Sätze hintereinander in reinem Hochdeutsch gesprochen, bevor ich wieder in meine bayerische Muttersprache zurückgefallen bin.
Es war ein feierlicher Gottesdienst mit hochkarätigen Gesangsdarbietungen beider Chöre. Auch nach dem Schluss-Segen und dem "ite missa est" gab es von den Chören noch Zugaben an sakralen Gesängen und profanen Volksliedern. Dann war ich dran.
Ich hatte mich, um etwas darzustellen, in meinen Hochzeitsanzug gezwängt, der noch einigermaßen passte und führte die Gäste durch die Kirche. Ich streifte die Baugeschichte, Architektur und erklärte schließlich die Ausstattung der Altäre mit Heiligenfiguren, Gemälden und deren Herkunft und Bedeutung. Auch gut ein Dutzend Kirchenbesucherinnen blieben in gebührendem Abstand in den letzten Kirchenbänken und lauschten meinen Ausführungen.
Die Akkustik in der fast leeren Kirche kam mir entgegen, weil ich wegen des Halls laut und langsam sprechen musste. Dadurch hatte ich etwas Zeit, meine Gedanken in die Schriftsprache zu übersetzen. Schließlich waren alle zufrieden und wir kehrten noch in der Gastwirtschaft zu einem Umtrunk ein.
Am Tag darauf berichteten einige der Frauen, dass gestern nach der Abendmesse einer eine Kirchenführung gehalten hat, der Ähnlichkeit mit dem Stadler Richard hatte. Er kann es aber nicht gewesen sein, weil der Mann hochdeutsch gesprochen hat.
im Juli 2023 - Richard Stadler