Die Düsenjäger

 

Franken ist ein kleines, beschauliches Dorf in der Niederbayerischen Gemeinde Laberweinting zwischen Neuhofen und Hadersbach. Von 1953 bis 1985 lebte dort der Pater Alois Späth in sehr einfachen Verhältnissen als Expositus und Dorfpfarrer mit seiner Schwester als Haushälterin. Er ist im nahen Tuffing in der Gemeinde Geiselhöring im Jahr 1901 geboren. 1927 wurde er in London als Mill-Hiller Missionar zum Priester geweiht. Bis 1951 war er 24 Jahre auf den Philippinen als Missionar tätig. Obwohl er viele Jahre im Ausland lebte und mehrere Sprachen sprechen konnte, bewahrte er sich seinen deftigen, urbayerischen Dialekt. Er war ein beliebter und geschätzter Mann und Unterhalter. Sogar die Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Laberweinting wurde ihm verliehen.
Er liebte gutes und vor allem reichhaltiges Essen. Täglich holte er beim Bauern und Gastwirt Hasenecker mit einer blauen Kanne frische Milch. Dabei ließ er sich gerne aufhalten, wenn am Stammtisch ein Schafkopf zusammenging. Bei Bier, Schnupftaback und einer dicken Zigarre war er voll in seinem Element. Sogar als Schauspieler in dem Georg Lohmeier Film "Die 42 Heiligen", der in Geiselhöring und Sallach gedreht wurde, hatte er eine Rolle, bei der er sich im Wirtshaus und auf der Kanzel selbst spielte.

 

Eines Tages hielt er einen Beerdigungsgottesdienst. Am offenen Grab las er noch Gebete für den Verstorbenen, als sich plötzlich zwei Düsenjäger im Tiefflug von hinten über die Kirche näherten und mit Getöse über die Köpfe der Trauergemeinde hinwegdonnerten. Man verstand sein eigenes Wort nicht mehr. Der Pfarrer klappte sein Gebetbuch zu und wartete, bis sich die Flugzeuge in Richtung Pramersbuch entfernt hatten. Man sah sie noch in der Ferne und hörte noch das Dröhnen der Triebwerke. Er erhob seine Hand mit dem Gebetbuch und drohte den Fliegern mit den Worten:

 

"Wenns no amoi alle oberfoin dats, es Himmelhund es misrabligen."

 

Dann öffnete er das Buch wieder und setzte sein Gebet fort. Es dauerte noch einige Zeit, bis er sich beruhigt hatte. Erst bei der Kremess nach einem großen Teller Leberspatzlsuppe und einem üppigen Schweinsbraten mit Knödel und Soß legte sich sein Zorn über diese fliegenden Rabauken, die seine Andacht störten. Nach dem guten Essen und ein paar Halben Bier meinte er zusammenfassend, dass es dann doch eine schöne Leicht war.

 

Im Jahr 1985 gab er dann aus Altersgründen seine Expositur auf und übersiedelte in den wohl verdienten Ruhestand in ein Kloster seines Ordens nach Brixen in Südtirol, wo er vier Jahre später im Alter von 87 Jahren verstarb. An der Südseite des Friedhofs bei der Filialkirche St. Nikolaus in Franken wurde ihm zu Ehren ein Gedenkstein mit seinen Lebensdaten errichtet, das ein Bild mit Jesus als Guten Hirten zeigt.

 

Das ist nur eine der vielen Geschichten, die sich um den schon zu Lebzeiten legendären Pfarrer Alois Späth ranken. Ich habe ihn noch persönlich kennengelernt. Die, die ihn noch näher kannten, werden sicher noch eine Reihe anderer Anekdoten und Begebenheiten zu berichten wissen.


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